Schwarz-Blau also. Wieder mal.

Lasst sie mal tun. Wird schon nicht so schlimm. Nun, es ist schlimm. Die Tatsache nämlich, dass Kickl und Co. in der Regierung sitzen. Riess-Passer, Scheibner, der lustige Karl Schweitzer, selbst Westenthaler, was waren das im Vergleich zu den nun einreitenden Burschenschaftern auf breiter Ebene, man möchte fast sagen: konzentriert, für sympathische Gesellen. Und wie beliebt diese Regierung ist. Sie war es am Wahltag und ist es heute und wohl noch längere Zeit. Man kann getrost davon ausgehen, dass dies zumindest ein 10-Jahres-Projekt werden wird. Gesellschaftspolitisch mehr als ein paar Schritte zurück, verteilungspolitisch eine Katastrophe. Das Pendel schlägt wieder zurück, sagt man. Einmal links, einmal rechts. Ist doch ok, wenn es Abwechslung gibt. Nun, dann schauen wir einmal, wo denn die Gegenbewegung herkommen soll. Die Grünen wohl endgültig ziemlich hinüber, Pilz als Ein-Mann-Zugriffs-Partei von kurzer Dauer und dann noch die SPÖ.

Es ist ein Jammer mit der Sozialdemokratie. Blau ist des Teufels. Also im Bund. Denn im Burgenland, so viel Freiheit muss man den Ländern schon geben, da ist das anders. Nein, nicht die Freiheitlichen dort sind anders, denn dann wären sie keine Freiheitlichen. Anders ist, dass man sie dort zum Machterhalt braucht. Weil man den Schwarzen eins auswischen wollte. Das Burgenland mausert sich zum Kärntner Modell der frühen Wagner-Punschkrapferl-SPÖ. Aber so erfolgreich!

Man müsse endlich verstehen, dass man in der Sicherheitspolitik keine Kompromisse machen dürfen und in der Migrationsfrage gehöre die Flanke endlich geschlossen. Und wenn dann eine Möglichkeit besteht, der FPÖ eine reinzuhauen, weil diese Regierung (auf Basis eines Akts des ehem. Sozialministers Stöger freilich) nun AUSLÄNDER ins Land holen will, dann macht man das. Und spricht von Arbeiterverrat. So geschehen dieser Tage.

Aber es ist ja nicht die einzige Dummheit. Eine kommt vom Chef persönlich. Ja, die Kürzung der Familienbeihilfe bei im osteuropäischen EU-Ausland lebenden Kindern sei geboten und richtig. Weil die Lebenserhaltungskosten seien dort niedriger. Warum eine Dummheit? Weil die Herr- und vor allem Frauschaften, die bei uns arbeiten auch einzahlen, nämlich genau für diese Leistung unter anderem. Man kürzt Ansprüche, obwohl diese bestehen, weils „die Mehrheit so will“. Wenn „die Menschen“ nach rechts rücken, dann bringts ja nix sturheil in der Mitte oder gar links stehen zu bleiben. Dann muss man halt mit dem Zeitgeist mitgehen. Logo.

Nix Logo.

Parteien, die zu Wahlvereinen werden und nichts anderes ist so ein erratisches Verhalten, werden dauerhaft keinen Erfolg haben. Entweder man steht für etwas oder nicht. Wenn man nur dafür steht, die Positionen nach der jeweiligen Mehrheitsmeinung auszurichten und diese Mehrheitsmeinung gerade rechts der Mitte zu finden ist, dann ist es ja sehr wahrscheinlich, dass die Rechts-Wählerschaft den Nachziehenden belohnt und nicht mehr ÖVP oder FPÖ wählt. Auf diese Idee muss man einmal kommen.

Es ist anders. Es ist, wie mein Freund FLE immer einzuleiten pflegt, „nämlich so“: Die Hegemonie für rechte Themen ist durch die Unfähigkeit der progressiven Parteien entstanden. Zuerst hat man in den eigenen Kerngebieten versagt und dann ist man den rechten Parteien hinterhergehechelt. Wenn die anderen nach unten treten, dann machen wir das auch. Außer es sind halt mal wo Wahlen im urbanen Bereich, dann fällt uns schon ein, dass wir eigentlich ja so etwas wie Humanisten sind. Aber sonst gilt: Wir richten uns nach Euch. Mit einem beleidigten: „Seht Ihr das nicht?“ hinten nach.

So wird das nichts. Weder mit der SPÖ, noch mit einem Gegenentwurf zu einer reaktionären Politik.

Wie wärs mal damit, die Umfragen auf die Seite zu legen, sich einmal zu überlegen, wofür man eigentlich wirklich steht und diese Positionen dann einmal jahrelang und konsequent zu vertreten? Und wenn dann der Machtpoker beginnt, rote Linien zu haben. Die nicht überschritten werden, um keinen Preis der Welt, weil die eigene Glaubwürdigkeit schwerer wiegt als der Dienstwagen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass es eine progressive Mehrheit in diesem Land gibt. Und wenn man diese Mehrheit nicht enttäuscht, sondern einmal liefert, diese Mehrheit wächst. Dazu bedarf es einer konsequent modernen Positionierung, die Verteilungspolitik in den Mittelpunkt stellt. Es geht um Interessen und die Interessen von Lohn- und Einkommensabhängigen sind zentraler Ankerpunkt jeder progressiven Bewegung. Wenn selbst ein Liberaler wie Hans-Peter Haselsteiner 80% Spitzensteuersatz fordert und Vermögenssteuern, sowohl in der Substanz als auch beim Zuwachs, und die SPÖ daneben aussieht wie die JVP, dann stimmt was nicht.

Wer soll der SPÖ den Kampf gegen Blau glauben, wenn man im Burgenland damit kein Problem hat? Wer kann, wie Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier zurecht bemerkt, denn überhaupt eine konsistente Linie der SPÖ erkennen?

Wagenknecht ruft in Deutschland zur Bildung einer Sammelbewegung auf. Das ist nicht der dümmste Gedanke. Ich gehe davon aus, dass es viele progressive Kräfte gibt, die ihr Schicksal nicht in die Hand von Parteien legen wollen, die ihre Fahne nach Umfragen ausrichten. Wir werden etwas Neues entstehen sehen, da bin ich ganz sicher. Und darauf freue ich mich. Weil es den Diskurs befeuern wird, die SPÖ dazu zwingen wird, sich zu erneuern (oder unterzugehen) und die Chance birgt,  ein erster Schritt in der Wiedererlangung der Themenhegemonie für progressive Politik zu werden.

Die Zehntausenden auf der Straße sind nicht weg. Die bleiben da. Und die Mischung aus Schwarz-Blau als Gegenmodell und fehlender Opposition wird zur Geburtshelferin werden. Ohne die alten Zöpfe. Um die wird sich dann Doskozil kümmern. Der kann das.