Obergrenze also.
Immer dann, wenn eine Regierung von Öffentlichkeit und/oder Opposition unter Druck kommt, handelt sie. Sie muss handeln, um vom Getriebenen zum bestimmenden Akteur zu werden.
Das war wohl die Überlegung hinter der jüngst präsentierten Obergrenze. Straches FPÖ liegt in den Umfragen mit großem Vorspung auf Platz 1, die Meinung der Bevölkerung hat sich spätestens seit Köln wieder gedreht, und zwar deutlich.
Dazu noch die Front des Boulevards, der täglich neue Schauergeschichten über marodierende Asylwerber unters Volk bringt. Man müsse in so einer Situation Handlungsfähigkeit beweisen und etwas tun.
Etwas ist aber zu wenig. Es sollte schon etwas kluges sein. Oder zumindest etwas, das vom Publikum als glaubwürdig eingestuft wird.
Die Bundesregierung spricht von einer Obergrenze, die sie nun festzulegen gedenke. Das Ganze sei aber nur poltisch, nicht administrativ, und ob dies rechtlich zulässig sei, und wie es gestaltet werden solle, dies legen zwei Gutachter fest, deren Ergebnis man in zwei Monaten erwarte. Eigentlich gäbe es keine Obergrenze, aber dann doch eine faktische und die richte sich eben nach der Realität. Nach dem Wollen. Oder Können. Eine schier großartige Aussage angesichts der Tatsache, dass die Landeshauptleute es (mit Ausnahme Wien) bis heute nicht schaffen, ihre Quoten zur Unterbringung von Flüchtlingen zu erfüllen.
Man geht also mit einer Botschaft hinaus, die in etwa so lautet: „Wir wünschen uns weniger Flüchtlinge, legen unsere Wunschgrenze fest, die wir auch durchsetzen, wenn es rechtlich irgendwie geht, was aber bei Kriegsflüchtlingen schwieriger wird, aber wenn die dann schon da bleiben, dann kürzen wir ihnen die Sozialleistungen, wenn das rechtlich geht, um so den Zustrom dominosteinartig zu bremsen, wenn das geht.“
Aha.
Ist das eine sinnvolle Strategie? Nein, natürlich nicht. Sie spielt letzlich nur Straches FPÖ in die Hände und sie konterkariert im übrigen total die Linie der Wiener SPÖ im letzten Landtagswahlkampf, der noch nicht so lange her ist. Es gehe um Haltung, hat uns die Wiener SPÖ damals beschieden. Faymann selbst war strikt gegen Zäune und Obergrenzen – es gibt jetzt beides.
Aber das sei so halt so bei einer Notlösung. Man müsse auf Europa warten. In der EU entscheiden die Regierungschefs, also auch Faymann. Worauf wartet Faymann also? Auf sich selbst? Auf eine Idee? Welche Initiativen haben Faymann und Außenminister Kurz gesetzt? Zu welcher Konferenz eingeladen? Welche Maßnahmen vorgestellt und wo welchen Druck ausgeübt?
Am Tag 1 nach der Präsentation der Obergrenze rückt der Verteidigungsminister aus, um zu erklären, dass es eine Obergrenze ohnehin so nicht geben könne, und dass es eher nur eine Zahl sei.
Ich gebe der Regierung einen 5er, also ein Nicht Genügend, das ist auch nur eine Zahl und ein Richtwert, an den sich die Regierung bis jetzt immer ganz brav gehalten hat.
Es erinnert schon an das Kommunikationsdesaster rund um die Steuerreform. Diese Regierung hat ein gewaltiges Kommunikationsproblem, das ist unbestritten. Das ist aber nicht die Ursache ihres Absturzes und der Unbeliebtheit in der Bevölkerung. Es sind vielmehr der komplette Verlust von Glaubwürdigkeit und die schlechte Politik, die Ursache dieses Desasters sind.
Schlechter Inhalt, schlecht kommuniziert. Gilt für beide Parteien. Wäre doch ein Slogan für eine Einheitsliste?